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persönlicher Kommentar

Correctio fraterna

Bernhard Suttner

Die großen Aufreger der letzten Wochen, ja der letzten Jahre hätten sich wohl vermeiden lassen, hätten die Beteiligten eine über 1400 Jahre alte Regel des Hl. Benedikt beherzigt. In der Redaktion der taz, im Vorstand von Wirecard, und wohl auch im Freundeskreis von Philipp Amthor hatte offenbar niemand den Mut, rechtzeitig der Kollegin, dem Kollegen, dem Chef klar und unmissverständlich die Meinung zu sagen: „Was Du da machst oder vorhast, geht einfach nicht. Das verstößt gegen die mindesten Anstandsregeln. Mach das nicht. Du schadest dir selbst und deiner Sache.“ So etwas nennt man in der mönchisch-benediktinischen Tradition „brüderliche Ermahnung“, lateinisch „correctio fraterna“. (Sicher gibt es auch eine „correctio sororia“, also eine schwesterliche Ermahnung.)

Diese schwierige Leistung, einen Freund, eine Freundin, eine Kollegin, einen Kollegen, gar den Chef oder die Chefin auf Fehlverhalten hinzuweisen, ist das Gegenteil von „Corpsgeist“, also von übersteigertem „Wir-Gefühl“. Corpsgeist führt dazu, dass sogar die schlimmsten Dinge nicht nur vertuscht, sondern am Ende gar noch als richtig und unvermeidbar eingeordnet werden. Corpsgeist statt correctio hat bis in die jüngste Zeit hinein Verbrechen auch in der Kirche gedeckt. Der Schaden ist immens. 

Autor/in:
Bernhard G. Suttner
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Wichtiger Hinweis:
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